Mittwoch, 23. August 2006

Schuhparkplatz

Freitagabend, sieben Uhr. In der Karl-Marx-Straße sind Parkplätze auf einer Insel zwischen den Fahrbahnen und quer zur Fahrtrichtung angeordnet. Gegenüber dem Haus mit der Nummer 150 steht auf dem ansonsten leeren Parkplatz ein helles Paar brauner Herrenschuhe. Das Obermaterial weist geschwungene Formen auf, es ist teils geflochten, teils sind Müsterchen eingeprägt; es sieht dem Paar Budapester Schuhe aus dem Schaufenster am Kudamm ähnlich.

Was macht das Schuhpaar hier, das ungefähr da steht, wo sie ein Beifahrer, wenn er beim Einsteigen die Schuhe ausgezogen hätte, stehen gelassen hätte: nicht mittig, sondern an den vorderen rechten Rand versetzt. Es könnte auch hinten links gewesen sein. Es waren eher nicht die Schuhe des Fahrers ... oder doch? Vielleicht waren vorne rechts oder hinten links die Ersatzschuhe verstaut, denn barfuß wird er ja nicht gefahren sein.

Oder hat sie ein Penner hier stehenlassen? Nein, dafür ist das Paar zu gut. Haben die Schuhe gedrückt und wurden deshalb gewechselt? Machen sie Blasen?

Ein Parkplatz für Schuhe. Es könnte sich auch um Kunst handeln.

Wie viel Platz beanspruchen die Blechbüchsen, die meist nur einzelne Menschen von A nach B bringen, im kollektiven Straßenraum? Womit, wenn nicht mit Autos, könnte man legalerweise so viel Platz übergangsweise 'privatisieren'? Ein Zelt würde abgeräumt, auch die Schuhe werden sicher bald "überfahren".

Oder hat das Haus mit der Nummer 150 etwas damit zu tun? Welche Geschichte hat hier stattgefunden? Im Haus gegenüber dem Schuhparkplatz gibt es zwei Geschäfte: Einen Juwelier und eine Apotheke.

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