Freitag, 28. Dezember 2007

Vom Beruf zum Job

Das Gute an der freiberuflichen Tätigkeit als Autorin ist: Ich bin frei in meiner Themenwahl. Das schlechte: Ich bin frei in meiner Themenwahl. Denn Gefunden-Recherchiert-Geschrieben-Redigiert bedeutet noch lange nicht veröffentlicht.

Manche Autoren haben Angst, dass ihnen einen Tages die Ideen ausgehen. Als mir eines Tages im Sommer - ich war noch Studentin - die Piepen auszugehen drohten, kam ich auf etwas, das ich anders gerne mal wieder machen würde: Ich wurde Jobtesterin. Zeigte im Reisebus deutschen Fußballjugendlichen meine Stadt Paris, gab einem 12jährigen Deutschunterricht, übte mit einer Opernsängerin deutsche Phonetik (zumeist romantischer Lieder), machte Beiträge fürs Radio, übersetzte interlinear für eine Presseagentur (die verstanden Zusammenfassungen darunter), war Gesellschafterin einer Dame im reichen Neuilly-sur-Seine in der Situation, in der sie nach Trennung in der ehelichen Wohnung packte, leitete Jugendliche an, die mit zwei Sprachen und einer für sie neuen Technik (Video) Kurzfilme über Berlin drehten. Das waren alles Jobs, kurzfristige, unterbezahlte, nichtabgesicherte Hinzuverdienstgelegenheiten.

Dass in den Jahren danach die halbe Berufswelt "verjobben" würde, also der Berufsalltag von Millionen aus kurzfristigen Jobs bestehen würde, konnte ich mir damals nicht vorstellen. Das Wort "Beruf", das ja auch nach "Berufung", nach Sinn und Einzigartigkeit klingt, gerät seither immer mehr in Vergessenheit. Von Beruf Autorin und Chronistin, würde ich gerne mal eine Artikelserie als "Jobtesterin" veröffentlichen. Mal sehen, welche Zeitung sich dafür begeistern kann, zum Beispiel, um das Nachrichtenloch im Sommer zu füllen.

Möglich wären: Stadtführerin (zweisprachig), Sprecherin von Bandansagen für öffentliche Einrichtungen (dreisprachig), Beschreiberin von Kinofilmen für Blinde (live im Kino), Public Writer (für Briefe und Reklamationen aller Art), PR-Frau einer städtischen Tourismusagentur, Nachrichtensprecherin, Radiomoderatorin, Grabrednerin, Hochzeitstoastausbringerin, Hochzeitsvideofilmerin, Ansagerin der Verkaufsflächen im Fahrstuhl eines Luxuskaufhauses, Chronistin fremder Lebensgeschichten, Meinungsforscherin, Kleindarstellerin, Reitlehrerin, Marktschreierin, Innenarchitektin ... Nein, das ist kein Jobgesuch, mit interessierte die Angelegenheit höchstens in der Summe, als Grundlage für Vergleiche.

Sonntag, 16. Dezember 2007

Wie man Nachbarn kennenlernt

W-Lan, Bluetooth etc., die Strahlen gehen durch die Wände und werden mir zusehends unheimlich. Der Stern berichtete im Oktober schon über den Verdacht, dass die gepulsten Frequenzen der W-Lan-Router doch nicht so harmlos sein könnten, wie von der Industrie propagiert. In der Schweiz, so hörte ich, habe man die Teile in den Schulen verboten, weil Kinder sehr empfindlich sind für diese Art von Strahlungen. Muss ich mal reingooglen bei Gelegenheit.

Mir ist das Ganze noch aus einem anderen Grund unheimlich. Letztens versuchte ich einen Rechner zu installieren. Druckte zur Probe - und nahm ein einseitiges Dokument. Recht einseitig: Mein Lebenslauf. Nichts geschah. Nach einem Dutzend Versuche mit geänderten Einstellungen hörte ich auf.

Am nächsten Morgen, ich wollte grad zum Einkaufen, traf ich auf der Treppe den neuen Nachbarn. Der grinste mich an, sah wissend aus, begrüßte mich mit Namen. In der Hand hielt er einen kleinen Stapel Papier: "Die", sagte er, und wies auf meine Lebensläufe, "wollte ich grade bei Dir in den Briefkasten werfen!"

(Ist ja mal gut, dass ich nicht die Abrechnung mit dem Ex zur Probe drucken wollte!)

Dienstag, 11. Dezember 2007

Abwesenheitsnotiz

Nein, nicht ganz. Ich arbeite gerade fürs Theater, habe also Proben und nächste Woche Aufführungen - außerhalb von NK.

Andere meldeten sich im Netz zu Wort und beobachten die Szenerie mit. Ein Kollege hat einen Pressespiegel zusammengesetellt, hier. Einer der Artikel stammt von Andej Holm, der vor einem Jahr in NK zu einem Gespräch über 'gentrification' zu Gast war.

Die Tatsache, dass seit gestern privater Wachschutz vor Schulen Stellung bezogen hat, steht da noch nicht, dürfte heute in der Presse sein ...

Montag, 10. Dezember 2007

Radau

Nach zwei Wochen Frühlingsregen, -graden und heftigen Winden ist der Himmel strahlend klar, die Luft fünf Grad kühl. Dafür machen die Vögel im Hof einen Rabatz, als könnten sie das Frühjahr schneller herbeipfeifen. Das helle Licht wirkt wie Ende März und nicht wie kurz vor Weihnachten. Aber kein Wunder am Ende eines Jahres, in dem viele Berliner noch heute auf den Sommer warten, nachdem wir im April eine Woche lang einen Vorgeschmack darauf vermittelt bekamen.

Sonntag, 9. Dezember 2007

Kleine Wunder des Alltags

Im Stress des verkürzten Dezembermonats tut es gut, sich an die kleinen Wunder des Alltags zu erinnern. Während alle noch schneller rennen als sonst, halte ich kurz die Zeit an mit einer Erinnerung:

Einmal musste ich beruflich ins Ausland fliegen, erfuhr aber morgens am Berliner Flughafen, dass wegen Streiks am Zielort der Flug um 24 Stunden verschoben war. Wunderbar, ein geschenkter Tag! Zu Hause traf ich auf die Tochter meines Freundes, bei der Unterricht ausgefallen war.
Die junge Dame, fast ein Teenager, nahm die Sache in die Hand – und nach kurzem Verhandeln war klar: sie will schon lange auf den Fernsehturm im Osten, ich schon lange auf den Fernsehturm im Westen der Stadt. Und so sind wir zwei Mal in Folge der Stadt auf den Kopf gestiegen. Haben uns auf der Fahrt zwischen den Orten wie Schulfreundinnen unterhalten und zugleich Touristinnen gespielt, haben das Prinzip Zufall über das Restaurant entscheiden lassen, in dem wir dann einen Mittagsimbiss eingenommen haben (knobeln, in das wievielte wir gehen würden) – und waren angenehm überrascht. Am späten Nachmittag tranken wir Kaffee auf dem Fernsehturm im Osten der Stadt, und von dort haben wir dann den Vater des Kindes angerufen, der nicht sehr weit davon arbeitet ... Und mit relativ geringen Kosten hatten wir einen Tag lang “eine Städtereise an unbekannte Orte” unternommen.