Montag, 14. August 2006

13. August

Wie heute war der Tag vor 45 Jahren ein Sonntag. Als die Berliner aufstanden, war die erste "Stadtbefestigung" aus Stacheldraht, Geröll, Militärwagen, Soldaten und Freiwilligen schon nahezu dicht. Kreuzberg und Neukölln, obwohl sie geographisch weit im Osten liegen, wurden zu Bezirken in der Sackgasse und gehörten doch politisch zum Westen.

Unweit meines Hauses, den Landwehrkanal nur ein wenig runter, stießen im Wasser die Bezirke Neukölln, Kreuzberg und Treptow aneinander. Dort partrouillierten seit jenem Sonntag am "Studentenbad" die Boote der Grenzer. Heute führen hier die beliebtesten Spazierwege der Gegend entlang.

Am Nachmittag grillt im Park am Studentenbad eine Familie - trotz der kühlen Witterung. In die Bäume haben sie Guirlanden gehängt. Ihre zwei Hunde rennen brav ihren Stöcken nach, Minis waten in bunten Gummistiefelchen durch große Pfützen. Die friedliche Stimmung lässt die Bilder im Kopf unrealistisch werden. Nein, man wisse nicht, was für ein Tag heute sei. Geburtstag halt, lautet die erste Antwort, als ich vorsichtig das Gepräch eröffne. Nur die Oma der Familie weiß etwas zu erzählen: "Ich wohne seit 50 Jahren in der Friedelstraße, also in Neukölln. Den Tag damals hab ich im Schrebergarten verschlafen, wir haben's erst am Abend erfahren. Aber zur Zeit damals fällt mir ein, dass, wenn der Wind schlecht stand, dicke Rußfladen von der anderen Seite zu uns rübergeweht kamen. Auch hier, nicht nur im Osten, haben viele Hausbesitzer ihre Häuser jahrzehnelang nicht mehr gestrichen, weil die Farbe nie lang hielt. Und es roch immer so komisch nach Reinigungsmittel und verbranntem Öl."

Für alle, die es möglicherweise nicht verstanden haben: dies ist ein Text über die Berliner Mauer. Das "raumteilende Bauwerk" (Peter Schneider) fiel in der Nacht zum 9. November 1989.

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