Donnerstag, 29. März 2007

Kultur(strand)gut

Das Bild ist klein und schlecht erhalten. Nichts dolles, denke ich, unsigniert, ich kann nicht einmal erkennen, von wann es ist. Immerhin eine nette Einladung, die Augen auf Spaziergang zu schicken. Der Keilrahmen ist grob und handgefertigt. Es könnte alt sein.

Das Bild wurde zusammen mit Pseudo-Malerei aus einem LKW geladen. Ich sehe es, der Trödler fängt meinen Blick ab und stellt es zu meinen Füßen ab. Zu wem gehört der Nachlass, will ich wissen. Ein Sportler war mit Mitte 50 tot umgefallen, kinderlos. Mein libanesischer Trödler guckt so komisch und macht eine Andeutung, als sei der Eigentümer schwul gewesen. Was stammt noch aus der Wohnung? "Viel schon verkauft!", so mein Trödler, "anderer Nachlass!", als ich prüfe, ob das, was noch im Wagen ist, ein Gesamtbild ergibt.

Das Bild hat eine gerade Linie auf der Mitte, als hätte jemand angefangen, das Bild zu restaurieren. So ein halb aufgearbeitetes Bild sah ich mal in einem Schaufenster eines Maler- und Restauratorenbedarfladens.

Ich kaufe fünf Bücher, darunter die Originalausgabe von "Im Westen nichts Neues" von Erich Maria Remarque von 1929, wie sie auch im Deutschen Historischen Museum ausgestellt wird, sowie die Fortsetzung des Erfolgsromans, "Der Weg zurück" von 1931, ebenfalls eine frühe Ausgabe des Erscheinungsjahrs. Auf meine Frage: "Was möchten Sie haben?" ernte ich ein etwas knurriges: "Zwanzig!"

Ich denke ein fast zynisches: Wie schön, dass in meinem Multi-Kulti-Bezirk profundes Wissen über Kulturgeschichte kaum vorhanden ist. Und ärger mich über mich selbst, dass ich das Bild nicht besser verorten kann.

Als ich gehe, ruft er mir hinterher: "Dein Bild!" Ohne es zu merken, hatte ich es mitgekauft. (Hier - in Ermangelung bess'rer Technik - zunächst eine schlechte Fotografie. Draufklicken zum Vergrößern.)

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Die Gemäldeerwerbung ist sehr komisch. Bei Kunst und Krempel im Bayerischen Rundfunk wirst Du damit wohl keine Entzückensschreie auslösen, aber hängen musst Du das Bild jetzt – mit dieser Geschichte!
Gruß, DH

Anonym hat gesagt…

sieht nach imitat verspäteter deutscher realismus des 19. aus, thomaverschnitt. gesunkenes kulturgut eben, mit gehöriger verkennender anerkennung der kunst des 19.
übung eines schülers oder eben verspäteter laie. vielleicht mit c 14 methode die jahre nachrechnen, und da passt in den rahmen ein schokoladenhase, und ein zitat von roth, der ja mit so hasen experimentiert hat..., oder beuys: was will der künstler bloß mit dem hasen?
bis, th.