Das Wort “ber" ist mittelhochdeutsch und aus ihm wurde "Bär", was "der Starke/Tapfere" bedeutet. Genau ein solcher macht nun, dass Berlin kopfsteht. Und das Tier muss jetzt ganz tapfer sein.
Schon auf der BERlinale sah ich etliche Schriftzüge auf den Plakatwänden mit "Welcome Knut" drauf und war dankbar, dass ein Kollege aus Paris sie mir erklären konnte. Dann schickten alleinstehende Freundinnen aus New York Links mit Fotos. Jetzt weiß es jedes Baby: Eine schneeweiße Miniausgabe des Berliner Wahrzeichens lebt seit Dezember im Berliner Zoo.
Seit die Teddies aus Kindertagen im Pappkarton fürs Sentimentale verschwunden sind, hat kaum ein Pelzmini ausgewachsene deutsche Herzen derart hoch schlagen lassen. Es ist, als hätte diese Gattung hierzulande eine andere Bedeutung. Vielleicht stimmt das sogar, die Welt verdankt Deutschland immerhin die Spielzeugvariante des Raubtiers, den Teddy Bear! In unseren Breiten wachsen indes nur selten welche auf - und werden dann als durch die Gegend marodierende Exemplare allenfalls zu 'Problembären', wie der Braunbär vergangenes Jahr, den am Ende die Kugel aus der Flinte ereilte, weil er den Menschen zu nahe kam. Vermutlich hielt er sich selbst für einen solchen.
Dieses Schicksal wird nun auch für Knut diskutiert. Es sei gegen seine Bärennatur, ihn von Menschenhand großziehen zu lassen, wo seine Mutter ihn verstoßen hat. In freier Natur wäre er gestorben - sagen die einen. Seine Mutter hätte ihn DORT aufgezogen - die anderen. Mancher Tierschützer würde dieses Eingreifen des Menschen jetzt gern "korrigieren". Denn das Tier müsste ausgewachsen jedes Mal ganz schrecklich leiden, wenn sein Pfleger es allein im Käfig zurücklässt. Er wisse ja nicht, dass er kein Mensch ist. Und für eine lebenslange WG sei das Tier einfach zu gefährlich. Da klingt fast wie Hohn, dass Starfotografin Annie Leibovitz ihn zu Wochenanfang für eine Tierschutzkampagne fotografiert hat.
Der Bär scheint unser liebstes Tier zu sein, gerade, weil wir ihn nur aus der Ferne sehen können. Umso kompakter wird er in unserer Wahrnehmung, wenn er morgens jetzt fast täglich auf der Titelseite der BLÖD abgebildet ist mit seinen tapsigen Pfötchen und viel süßer ist als die brust- und pofreien Schönheiten sonst. Und wenn wir uns Knutberichte ausschneiden, wie die Bäckerin in der Ohlauer Straße neulich, über "Seine erste feste Nahrung". Ein Bär, das hat etwas vital Elementares, das wissen wir spätestens seit der "Bärenmarke" auf der typisch deutschen "Kaffee(-und-Kuchen")-Tafel.
Und so wurde Knut(schi), das weiße Tierchen, das so aussieht wie ein Signet seiner Art, das sich aber auch bewegt, frisst, kackt, in wenigen Wochen zum kollektiven TV-Tamagotchi der kinderlosen Generation mit prekären Kulturjobs. Und den jetzt ermeucheln? UNSEREN Knut?
Sogar die Weltpresse steht Kopf. In Paris springen die kanadischen Korrespondenten wegen des vermeintlichen Bärentötungskomplotts ins Flugzeug, noch bevor ihre Berliner Rechercheure (in aller Bescheidenheit: wir) den Wahrheitsgehalt dieser 'news' überprüft haben. Währenddessen brechen im Zoo Telefonleitungen und die Webseite zusammen. Bis jetzt ist nur klar, dass Bärli morgen seinen ersten offiziellen Pressetermin hat. Rendez-vous 07:30 A.M. im Zoo ...
Das ist mir zu früh. Ich könnte mir den Luxus eines Taxis leisten, Sender zahlt ja. Dann käme wahrscheinlich ein Benz - und damit wär’ ich immer noch beim Thema, denn wahrscheinlich hat sich das Wort "Benz" aus dem alten Wort "Beran" weiterentwickelt. Und aus dem wurde auch das mittelhochdeutsche "Ber" ... Der Deutschen liebstes Kind, jetzt wissen wir’s, ist der Bär.
P.S.: Der rbb hat jetzt sogar einen Knut-Weblog, da schreibt der Bär noch höchstpersönlich ...
Donnerstag, 22. März 2007
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1 Kommentar:
Hallo Süße,
die Story hat ja einen doppelten Boden, aber um den ging's Dir wohl nicht. Das Ganze ist eine Zeitungsente. Ein Zoomensch aus Westdeutschland wollte mit der Klage gegen die Handaufzucht verbieten lassen, dass überhaupt in den Zoos gezüchtet wird. Denn die Tiere sind meist verhaltensgestört, wenn sie groß sind.
Irgendwie ist die Presse hochgegangen, als wäre schon saure-Gurken-Zeit. Dabei ist doch nur Dauerregen ...
Lass Dir Dein Wochenende davon nicht vermiesen,
Grüße,
Bini
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