Das Bild wurde zusammen mit Pseudo-Malerei aus einem LKW geladen. Ich sehe es, der Trödler fängt meinen Blick ab und stellt es zu meinen Füßen ab. Zu wem gehört der Nachlass, will ich wissen. Ein Sportler war mit Mitte 50 tot umgefallen, kinderlos. Mein libanesischer Trödler guckt so komisch und macht eine Andeutung, als sei der Eigentümer schwul gewesen. Was stammt noch aus der Wohnung? "Viel schon verkauft!", so mein Trödler, "anderer Nachlass!", als ich prüfe, ob das, was noch im Wagen ist, ein Gesamtbild ergibt.
Das Bild hat eine gerade Linie auf der Mitte, als hätte jemand angefangen, das Bild zu restaurieren. So ein halb aufgearbeitetes Bild sah ich mal in einem Schaufenster eines Maler- und Restauratorenbedarfladens.
Ich kaufe fünf Bücher, darunter die Originalausgabe von "Im Westen nichts Neues" von Erich Maria Remarque von 1929, wie sie auch im Deutschen Historischen Museum ausgestellt wird, sowie die Fortsetzung des Erfolgsromans, "Der Weg zurück" von 1931, ebenfalls eine frühe Ausgabe des Erscheinungsjahrs. Auf meine Frage: "Was möchten Sie haben?" ernte ich ein etwas knurriges: "Zwanzig!"
Ich denke ein fast zynisches: Wie schön, dass in meinem Multi-Kulti-Bezirk profundes Wissen über Kulturgeschichte kaum vorhanden ist. Und ärger mich über mich selbst, dass ich das Bild nicht besser verorten kann.
Als ich gehe, ruft er mir hinterher: "Dein Bild!" Ohne es zu merken, hatte ich es mitgekauft. (Hier - in Ermangelung bess'rer Technik - zunächst eine schlechte Fotografie. Draufklicken zum Vergrößern.)
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