Ich fand eine neue Freundin, Jule, die hier als Holzkünstlerin mit der Bohrmaschine schon vorkam, sie half mir ab und zu, ich lernte aufmerksam. Als Schreinerin kann ich ihr nun auch einen Auftrag erteilen, zum Beispiel, für den ultraschmalen Flur ein Möbel mit Bauhaus-Türen aus einer Abrissvilla zu entwerfen und zu bauen.
Parallel dazu entdeckte ich einen Trödelladen in der Nähe, der abgeschliffene Möbel verkauft. Dessen Besitzer bot sich als Abschleifer an, das macht er selbst in einer Werkstatt in der Nähe. Das eine oder andere Ding fand ich dort: Mein Tischchen für den Drucker zum Beispiel. Die andren Sachen hab ich im wahrsten Wortsinn ausgebuddelt: aus Hinterzimmer-Möbelclustern in ranzigen Haushaltsauflösungsläden meinen schönen eingeschliffenen Spiegel mit Holzrahmen für drei Euro; ein Stück zog ich aus dem Müllcontainer, als unser Gemeinschaftskeller geleert wurde; ein Küchenregal verdanke ich einer betagten Nachbarin, die ins Altenheim zog.
Ich setze im Grunde hier nur etwas fort, das früh

Das Oberteil meines Wohnzimmerbuffets fand ich spätnachts auf der Straße. Es stand vor dem Haus, herrenlos. Und ich raffte all meinen Mut zusammen und bat zwei türkische Gängsta, so um die 18 Jahre jung, die mir gerade begegneten, das Ding für mich hochzutragen.

Solche Glücksfunde setzen zweierlei voraus: Geduld und gute Beziehungen zu den verschiedenen Trödlern. Meine Mittagspausen kennen viele Ziele auf den Spaziergängen im Kiez bis hin zum Südstern. Der Rest ist Handwerk und gutes Zuhören bei Jule oder bei Farben und Lacke Sachse vom Schlesischen Tor: Der maschinelle Abschliff des Trödlers geht bis zu einer Körnung von 350 (?), ich lege nach mit 600er und 1000er Körnung. Dann Schellack, dann nochmal schleifen, dann Wachs. Die Maserung kommt schön raus, die Farbe des Holzes, meist Kiefer, ist dann schön warm. Und das streichelzarte Holz ist jedes Mal wieder ein haptisches Erlebnis.
Unterm Strich kostet mich mein praktisches Hobby kaum mehr als Pressspan-Möbel vom Möbeldiscounter plus Zeit. Logisch, dass ich bei meinen Touren durch den Kiez immer Maßbänder in den Taschen aller Jacken habe. Natürlich die aus Papier, vom schwedischen Möbelhaus.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen