Die Ufer, so das Amt, stünden also eine akute Gefahr dar für jeden Spaziergänger, für jedes spielende Kind. Um den Schaden evaluieren zu können, sei "eine kurzfristige Entfernung des Bewuchses unumgänglich." Die "Sofortmaßnahme zur Gefahrenabwehr" erlaube keinen Aufschub, hieß es beim Amt.
Die Gefahren sind offensichtlich. Am 19. April brach bereits etwas vom Steg der Reederei Riedel am Maybachufer ab. Auch in der Nähe des Technikmuseums hat's gebröckelt. Viele Wegabschnitte wurden über Nacht gesperrt. Allein, es verwirrt, dass nach Jahrzehnten der Vernachlässigung nun diese Eile an den Tag gelegt wird: Kurz nach dem 22. Mai ging es mit Rodungen am Charlottenburger Einsteinufer los; letzten Freitag wurden am Kreuzberger Carl-Herz-Ufer die ersten drei Bäume gefällt, es waren Pappeln.In der ersten Woche 16 Bäume gefällt
Nachbarn berichten, dass anderenorts Fällungen nur durch Anwohner verhindert werden konnten, die nach der Polizei riefen. Jene fragte nach Genehmigung von Bezirk- und Grünflächenamt; da die Papiere nicht vorgelegen hatten, mussten die Herren mit der Kettensäge unverrichteter Dinge wieder abziehen.
Doch es ist nur ein Aufschub. In den kommenden zwei bis drei Wochen will das WSA nun dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg einen Zeitplan für die Fällungen vorlegen. Der Bezirk hat kein Mitspracherecht, das Gelände gehört dem Bund, er wird aber konsultiert.
Das ganze Ausmaß ist noch unklar. Wiederholt sprachen die von Anwohnern befragten Arbeiter und auch Vertreter des Amtes von bis zu 450 zu fällenden Bäumen - auf einer Strecke von 11,6 Kilometern. Alle Bäume, die näher als drei Meter an die Wasserkante heranreichen und die höher als 15 Meter sind, sollen weichen. Darunter malerisch schöne Pappeln, Weiden, Erlen, Eschen und Ahorne. Viele Bäume sind Naturdenkmale, überall brüten derzeit die Vögel.
Im Herbst sei frühestens Baubeginn, meldet "die Welt", die stählernen Spundbohlen aus Luxemburg hätten ca. 16 Wochen Lieferzeit. Erneut die Frage: wozu die Eile?
Das Schifffahrtsamt wiederum pocht auf ordnungsgemäße Abläufe, es sei Gefahr im Verzug. Und Ausgleichspflanzungen würden natürlich durchgeführt, aber "an anderen, nicht gefährdeten Standorten".
Nächstes Jahr wird der Landwehrkanal 150 Jahre alt. Wenn es so kommt, wie es das Amt vorsieht, ist er dann an weiten Stellen eine Baustelle, an anderen ein neu einbetoniertes Gewässer mit Sandsteinverblendung, dazu einige wenige Bäumchen links und rechts.
Allein diese Sanierung der Uferbefestigung wird mit 100-130 Millionen Euro veranschlagt. Kosteneinschätzungen über eine Sanierung mit Baumschutz wurden noch nicht veröffentlicht. Bislang scheint auch von amtswegen sich keiner zu fragen, wie das in anderen Städten geregelt wird, zum Beispiel in Amsterdam oder in Paris. Weitere Vergleichszahlen wären sicher interessant, der Kanal vor meinen Fenstern ist ein sehr belebtes Gewässer: Die zentrale Berliner Schleuse zählt 8000 Ausflugsdampfer jährlich, vor 12 Jahren war es die Hälfte. Im gleichen Zeitraum hat sich die Zahl der Sportboote verfünffacht (auf jetzt 5000)!
Die Reeder haben sich wenigstens mit dem Wasseramt darauf geeinigt, jetzt nur noch in eine Richtung zu fahren, und zwar "zu Tal", das solle die Uferbefestigung entlasten.
Etliche Anwohner machen jetzt gegen das Bäumefällen mobil, hatten ein Transparent auf der Admiralsbrücke aufgehängt, das polizeilich entfernt wurde, drucken und verteilen Zettel, treffen sich nun täglich um 18.00 Uhr auf eben dieser Brücke zur Diskussion.
Quelle für das Foto und mehr Infos hier: http://www.baeume-am-landwehrkanal.de
4 Kommentare:
Als ich heute von der Arbeit gekommen habe ich den "Lärm" auf der Admiralbrücke schon mitbekommen, habe mir aber dabei nichts weiter gedacht. Bis meine Freundin meinte, dass dort Protestiert wird, da die Bäume abgeholzt werden. UNGLAUBLICH!!!
Ich habe bis heute nicht davon gewußt und muss sagen, dass ich solche Aktion begrüße! Viel besser wäre es gleich den Kottbuserdamm zu besetzen, um wirklich Aufmerksamkeit zu erzielen.
Mal schauen, vielleicht werde ich in den nächsten Tagen am Planufer einmal ein paar Zettel an die Türen kleben, damit auf jeden Fall noch mehr Leute davon erfahren. Wäre schade drum. Wenn die Bäume erst einmal weg sind, werden die Stadt (so wie ich sie kenne) auch keine neuen planzen.
Ohh, wie mich so etwas aufregt!!! Wir müssen das umbedingt verhindern!!!
So, jetzt gibt´s wieder direkten Blickkontakt, die Pappel vor Deinem Haus ist grad gefallen! :-(
Ob´s die Zweite auch noch trifft?
Solidarische Grüße!
Matl
Die zweite Pappel ist auch weg, allerdings gibt´s noch eine Dritte, die standen nur so nah zusammen.
Aller schlechten Dine sind wohl 3!
Matl
Scheiße. Dennoch: Winke-winke übers Wasser. Unnu?
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