Montag, 29. Juni 2009

Standbild

Alles fließt (Heraklit).

Auch der Kanal unter meinem Balkon fließt. Ich sitze in der Höh' und lerne Kunstgeschichte und Philosophie, dazu zerreißen die Schreie der Mauersegler die Luft, sie fangen ihr Mittagsmahl.

Da fahren drei Touristendampfer vorbei:

Dampfer eins: ... denn in historischen Zeiten floss alles Abwasser auf die Straße ... James Hobrecht ließ als Berliner Stadtbaudirektor planmäßig eine Kanalisation einbauen, weshalb auch eine Straße auf der linken Seite nach ihm benannt ist ...

Dampfer zwo: Auf dem Schiff fuhr mal eine alte Dame mit, die hier in den 30er Jahren gelebt hat, und sie erzählte, dass sie als Kinder Angst hatten vor der Uferpromenade, weil täglich Wasserleichen rausgefischt wurden: arme Menschen, die ins Wasser gegangen waren, aber auch Opfer politischer Straßenkämpfe ...

Dampfer drei ... ist die Spreeprinzessin. Anwohner erkennen die Dampfer am Klang - und die Spreeprinzessin ist defintiv zu laut, wenn gleichzeitig die Mauersegler vorm Balkon auf Mücken aus sind.

So bilde ich mich, obwohl ich an Ort und Stelle bleibe, in Stadt- und Kunstgeschichte weiter.

Sonntag, 28. Juni 2009

Kulturkiez

Zwischennutzung wird es genannt, aber ich denke, für viele Geschäfte ist es Umnutzung auf Dauer. Denn viele Ladenlokale sind zu klein und können mit der Konkurrenz der Ketten nicht mithalten. Wie dieser Frisör, in dessen Räumen sich heute eine Galerie befindet. Machen wir uns nichts vor: sowohl durch die zunehmende Technisierung, als auch durch die Konzentration der Wirtschaft brauchen immer mehr Menschen neue Betätigungsfelder ... Warum nicht Kunst, Soziales, Bildung? Hier wird alles zugleich gemacht, der Laden liegt gegenüber einer Schule, es gibt Malzirkel auch für 'einfache Menschen' ... (Hab' ob der Fülle der Besuche vergessen, aus welcher Straße das Foto stammt ... Ist hier vielleicht die Galerie "Donauwelle" aus der D-Straße abgebildet?)

Das Kunst- und Kulturfest 48 Stunden Neukölln bedeutet die Qual der Wahl: Balladen auf dem Hinterhof, handgekurbeltes Kino am Richardplatz, Choreografie in freier, üppiger Natur, Fotografie, Collagen und Malerei dort, wo früher Bier gebraut wurde, einen kleinen Schlenker am Comenius-Garten vorbei, der wegen des großen Ansturms derzeit geschlossen hat und sonst ein Geheimtipp ist - dazu nicht nur viele kleine Lädchen mit Ausstellungen, Lesungen, Musik, sondern auch andere, ungewöhnliche Orte: Det is Neukölln, und zwar länger als 48 Stunden lang ...
Meine anderen Fotos von "48 Stunden" hier: klick!
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Danke, Jan, für das Foto ...

Freitag, 26. Juni 2009

48 Stunden Neukölln


In Neukölln steppt zum elften Mal der Impro-Lesung-Foto-Führung-Tanz-Filmabend-Stimmen-und-sonstwas-Bär. Der Norden Neuköllns, mein Kiez, liegt im Focus. Ein wenig erschrocken war ich denn schon, als ich die Überfülle der Angebote las: mehr als 1000 Filmschaffende, Künstler, Sänger, Schauspieler, Maler, Stadtführer, Schneider, Köche und was das Herz der Kulturflaneure mehr begehrt bespaßen an über 255 Standorten ihr Publikum. Freitag geht's los, Sonntagabend klingt es aus - 48 Stunden Neukölln ist Berlins größtes Kunst- und Kulturfestival.

Drei Orte werde ich aufsuchen, mich von dort aus weiter durcharbeiten - einen Stadtplan mit den Veranstaltungstipps gibt es überall, wo das Logo zu sehen ist.

1. Rue Bunte, Karl-Marx-Straße 177 - im Hof gib's gleich bei Einbruch der Nacht Gesang. Bärbel, die mit ihren Freunden aufspielen und -singen wird, hab ich in Kreuzberg in der Regenbogenfabrik kennengelernt und bin schon ganz gespannt.

2. Kunst in der früheren Kindl-Brauerei - das Gelände will ich entdecken, und mir dabei alles ansehen und hören, was zeitgenössische Kunst zu bieten hat. Werbellinstraße 50. Dort gibt es auch viele Malerateliers ... Was mein Stichwort ist für

3. Mareschstraße 15 - hier sind seit Jahresanfang vier französische und ein englischer Maler dank der Zwischennutzungsagentur untergekommen. Ich war erst vor einer Woche bei Ihnen, zusammen mit kanadischen Journalistenkollegen, wo wir einen Beitrag für Radio-Canada TV gedreht haben. Das Atelier war fast leer, weil am Abend eine Vernissage stattfand. Jetzt will ich mehr sehen.

48 Stunden Neukölln? Nix wie Hin, nach Rixdorf und Co.!

Sauerstoffschiff

Ab und zu fährt das Sauerstoffschiff über den Kreuzberger Landwehrkanal. Früher dachte ich, das findet einmal in der Woche statt. Früher ging ich mehr aus - was ich auch jetzt phasenweise viel tue.

Derzeit aber nicht. In diesen Tagen wird jede Nacht frischer Sauerstoff in den Landwehrkanal gepumpt. Jede. Heute Nacht sogar zwei Mal, halb zwölf und jetzt, halb ein Uhr in der Früh, fährt es unter meinem Fenster vorbei.

Ist das Wasser schlechter als sonst - oder meine Wahrnehmung genauer?

Sonntag, 21. Juni 2009

Endlich Sommer!


Freitag, 19. Juni 2009

Französische Maler in Neukölln

Mit zwei Journalistenkollegen von Radio-Canada bin ich unterwegs und zeige: Nord-Neukölln. Wir besuchen ein Maleratelier südlich der Sonnenallee, das in einem früheren Ladengeschäft eingerichtet ist. Einer der Mieter ist Cyril Aboucaya. Er kam mit einem DAAD-Stipendium in die Stadt und findet, dass man in Berlin kreativ sein könne - und seine Ideen auch umsetzen - und dass einen niemand daran hindere, wie es in anderen Städten der Fall sei. Ob er nach Ablaufen seines Stipendims bleibt, weiß er nicht, Lust darauf hätte er.

"Es kommen viele her, aus unserem Jahrgang an der Pariser Kunsthochschule sind es etwa 10 %", bestätigt auch Malerkollege Renaud Perriches, und ergänzt: "Alle Naslang treffe ich jemanden, den ich aus Paris kenne, denn das betrifft nicht nur unseren Jahrgang", sagt er, der am Abend selbst in der "tape gallery" an einer Gemeinschaftsausstellung beteiligt ist. "So, wie ich hier arbeite, könnte ich es in meiner Heimat nicht. Für das Geld, für das ich in Paris mir wenige Quadratmeter Atelier anmieten kann, habe ich hier 150 Quadratmeter" ... die er sich mit vier weiteren teilt. Insgesamt sind sie also fünf, vier aus Paris, einer aus London.

"Berlin ist eine Laborstadt", ergänzt Cyril, "die Menschen sind hier offener als anderswo". Und Neukölln? "Wir wohnen fast alle in der Nähe. Es ist toll hier. Überall ziehen Künstler hin, machen Bars auf oder schöne Cafés", findet Aude Parisot, die einzige Frau der Gruppe. Man sei übrigens keine Künstlergruppe, betonen die jungen Künstler, die alle erst vor wenigen Jahren ihr Studium beendet haben, aber inhaltliche Nähen gäbe es schon. "Natürlich tauschen wir uns intensiv aus, regen einander an. Die künstlerische Entwicklung der einzelnen geht dadurch auch schneller", schließt Renaud, und muss dann noch etwas organisieren. Wir verabreden uns für den Abend auf der Vernissage."Seit wir hier angekommen sind, sind in der gleichen Straße fünf weitere leere Läden bezogen worden, darunter ein Bioladen", kommentiert Aude noch unsere Fragen zum Kiez. Für einen solchen Laden muss ja eine gewisse Klientel da sein ... Die Rechnung des Rathauses scheint aufzugehen. Denn vermittelt wurde die Räumlichkeit von der Zwischennutzungsagentur, die zwischen Mietinteressenten und Hauseigentümern vermittelt, die eine günstige Miete und Nutzung dem Leerstand vorziehen.

Donnerstag, 11. Juni 2009

Wetter