Montag, 9. Juni 2008

Am Sonntag gehört Papa mir!

... stand in meiner Kindheit auf Plakaten, die im öffentlichen Straßenraum aushingen. Die Gewerkschaften kämpften für das Verbot der Sonntagsarbeit.

Heute dürfte Papas oder Mamas Schreibtisch nicht zu Hause stehen, also er oder sie dürfte nicht freiberuflich arbeiten, denn für unsereinen gibt's oft kein Wochenende.

Freitag um eins klingt das Telefon. Dringender Auftrag, bitte zu Montagmorgen um neun. Und es spricht die Auftraggeberin ins Off: "Ich bin dann mal im Wochenende!"

Der Auftrag ist umfangreich. Berlin hat das Jahrhundertwochenende zu bieten. Die Stadtschreiberin schreibt.

Montag um 9.15 Uhr, ich habe zehn vor neun abgegeben, klingelt wieder das Telefon. "Ähem, ja, das ist jetzt peinlich, aber aus Versehen ist da am Freitag die falsche Datei, halt eben supereilig, und alles halbsoschlimm, weil ja nur zwei oder drei Fassungen früher. Geht bis heute Abend halb sechs? Dann aber wirklich!" (... und mit einem Unterton, als hätte ich und nicht sie die Sache verbaselt.)

Okay, des Freiberuflers Wochenende kann auch schon mal an einem Montag stattfinden, für mich gilt der Satz aller Wahrscheinlichkeit im kommenden Jahr, denn ab Mittwoch soll hier wieder Frühlingswetter herrschen und dann beginnt der Berliner Sommer und alle Berliner wissen, was das bedeutet.

Die Auftragsdame rief zwischendurch noch einmal wegen einer kleinen-aber-wirklich-nur-klitzekleinen Änderung an, der Abendtermin zur Abgabe des Textes wurde wiederholt als enorm wichtig hervorgehoben, "det Janze muss zum Layout, klar!?"

Ich schicke pünktlich. Als ich keine Eingangsbestätigung bekomme, ruf ich 18.00 Uhr mal durch. "Ja, Frau W. ist schon durch die Tür und hat mir nichts gesagt. Nein, ganz so eilig war's nun doch nicht, morgen Vormittag hätte doch immer noch tooootaaaal bequem gereicht, wirklich!"

Ende 1: Achtung, ostig: "Freitag nach eins macht jeder seins!", hieß es in der "früheren Ex-DDR" (um die Nachbarin zu zitieren). Freitag nach eins hätte also niemand den Telefonhörer abgenommen, von denen es ohnehin nicht mehr Exemplare als Mithörer gab, ergo auch keinen Mobilfunkterror. Oh Zeiten seliger Unschuld!

Ende 2: Achtung, kulturpessimistisch: Praktischerweise vermehren sich die Freiberufler nicht mehr so wie einst. Also ist kein Plakat zu befürchten à la: "Sonntag gehören meine free lancer-Eltern mir!"

Bevorzugtes Ende bitte ankreuzen.
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Foto: Miese Situationen bringen verschiedene Menschen auf die gleichen 'guten' Ideen. Die Festen Freien Mitarbeiter des NRD haben das Plakat umgesetzt, in ihrem Extra-Drei-Spot, in dem ein Kind erklärt, was es heißt, für den Norddeutschen Rundfunk frei zu arbeiten, denn dort ist es besonders absurd. Zum Film hier klicken.

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