Gestern ging ich einen Stoffladen in der Nachbarschaft: Ich suchte einen kleinen Rest Chiffonstoff, um mein Lieblingssommerkleid reparieren zu lassen, in das ich mir letztes Jahr ein Löchlein gesessen hatte auf einer der abgerockten Berliner Parkbänke.
Passender Stoff ward flugs gefunden, von passender Webdichte und in einem Farbton, der im sonst bunten Kleid auch vorkommt. Ich würde mir, das war der Plan, von der bekopftuchten Schneiderin in der Reichenberger vier sehr langgestreckte Dreiecke in den locker fallenden Rockteil setzen lassen, der dann etwas glockiger wirken würde als zuvor, und schon hätte ich mit Schneiderkosten von 20 Euro ein neues Kleid. (Das Ist die Neukölln-Kreuzberger Restnutzungsökonomie.)
Der Stoff war ein Schnäppchen. "Drei Euro!", raunte mir der dunkelhaarige, dunkeläugige Verkäufer zu. Ich reichte mein Geld, einen größeren Schein, ich war gerade bei der Bank gewesen. Der Mann zog die buschigen Augenbrauen zu einem durchgehenden Strich zusammen und fragte in bestem Berlinisch: "Willste mir veräppeln?"
Er bat mich um meinen Namen, drückte mir den Stoff in die Hand, rief mir ein fröhliches "... bis die Tage!" zu, gefolgt von einem barschen: "Halt!"
Ich war bereits auf dem Weg zur Tür gewesen, drehte mich um, war versucht, die Hände über den Kopf zu heben, so sehr im Befehlston war seine Ansage: "Halt, Hände hoch!"
Nein, doch kein Hände hoch. Er wiederholte langsam meinen Namen. "Ich hab was für Dich!" Er eilte ins Hintergelass in dem sich, das konnte ich sogar von der Tür aus erkennen, Kartons von unterschiedlicher Größe bis zur Decke stapelten.
Sehr schnell kam er zurück, ein Päckchen in die Hand. "Ist für einen Mann, der bei dir wohnt!", sagte er mit Blick aufs Etikett. Dann las er mit einem Lesegerät das Streifenmuster auf dem Versandetikett aus und hielt es mir hin: "Ein Autogramm, bitte! Und frohes Fest!"
Richtig, Feiertage standen vor der Tür, auch wenn diese dem muslimischen Teil der Bevölkerung vielleicht nicht ganz so wichtig waren.
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Ostereier, vom Hasen bewacht |
Dergestalt sind die Umgangsformen in unserem erlauchten Multikultiviertel. Ich nahm also die Beute an mich und trug sie heim. Später kam besagter Mitbewohner von der Arbeit zurück. Gemeinsam packten wir aus.
Das Päckchen beinhaltete Dekomaterialien, teils essbar, teils ess- und trinkbar, wie sie für eine gewisse Jahreszeit typisch sind. Und da Ostern vor der Tür stand, waren wir gleich total aus dem Häuschen.
Manche behaupten ja, dass Schokoladenfiguren, an denen ein wenig der Zahn der Zeit genagt hat, in neues Stanniolpapier verpackt werden würden. Stimmt gar nicht!
Oder? Wie lange hält sich sowas? Und darf jemand den 50-Euro-Schein für ein Weihnachtsgeschenk von der Tante auch noch im Frühjahr ausgeben oder muss er bis zum Jahresende warten?
Fragen über Fragen.
Das Sommerkleid wird sicher sehr schön werden.